Heiligabend 2004
So gegen acht Uhr war die Nacht leider vorbei. Mit drei Bar auf der Blase quäle ich mich aus dem Bett und versuche dabei die Frau nicht zu wecken, mit der ich seit einigen Wochen einen auf frisch verliebt mache, um nicht gleich wieder angefasst und beknutscht zu werden und was weiß ich nicht alles. Ich könnte verrückt werden! Zum Glück muss sie heute Nachmittag arbeiten und hat es geschnallt das der 24. Dezember gerade in diesem Jahr der Horror für mich ist.
Beim Pissen überlege ich, ob ich jetzt Kaffee koche oder lieber gleich mit Glühwein anfange. Ich entscheide mich zunächst für Kaffee.
Der obligatorische Gang zum PC. eBay Auktionen verlaufen erwartungsgemäß beschissen. Naja was solls. Morpheus auf – erst mal alle traurigen Weihnachtslieder ziehen. Habe soeben beschlossen es mir heute richtig zu besorgen.
Die ersten Lieder sind da – Frank Sinatra – guter Einstieg. Mit 105 dB knallt „Silver Bells“ durch die Wohnung. Aufstehen mein Schatz! Hehehe.
Als dann die weniger spaßige Version von Silent Night von Garth Brooks ertönt, erwäge ich, doch den Glühwein anzusetzen. Blick in die Kaffeekanne – Kaffee ist durchgelaufen. Garth Brooks verkündet singend, dass er sich darauf freue, Weihnachten mit seiner Frau und den Kindern zu verbringen. Ich fülle Kaffee in eine Tasse für meine Olle damit sie schnell wach wird und endlich abhaut, und kippe den Rest in den Ausguss. Habe gerade beschlossen doch den Glühwein anzufangen.
Was für ein toller Tag. Was für eine Aussicht den Tag zu verbringen. Heiligabend alleine. Naja, wenigstens habe ich noch zwei Tiefgekühlte Schnitzel von Aldi im Gefrierfach.
2 Flaschen Glühwein..... das ist nicht viel. sollte aber reichen den Tag über den Pegel zu halten und abends noch mal richtig durchzuladen.
Ich hatte mich eigentlich schon seit Tagen darauf eingestellt, Weihnachten komplett ausfallen zu lassen. Aber vor zwei Tagen war ich in eine recht melanchonische sentimentale Stimmung verfallen.
Es geht auf zehn Uhr zu. Ich habe schon die dritte SMS von den letzten Gelegenheitsschlampen erhalten was ich denn heute machen würde.... sie würden auch gern vorbeikommen wenn ich wollte. Als ob der Abend nicht schon deprimierend genug sein würde. Kann mir wirklich was besseres vorstellen den Heiligen Abend und das Fest der Liebe mit einer Schlampe zu verbringen die mir weniger bedeutet als die Krümel an meinem A******.
Blick ins Emailpostfach. Überraschung. Eine Schlampe mit der ich im Frühling mal was hatte ist wohl anlässlich des glorreichen Tages sentimental geworden und fühlte sich genötigt mir zu schreiben. Wie es mir ginge, das sie zwar wieder einen Freund habe aber immer noch an mich denken müsse, ob ich wieder in Deutschland sei etc. Nach längerer Überlegung was diese Frage sollte fiel mir ein, das ich sie damals mit der Ausrede ich hätte einen Job auf einer Bohrinsel in Südafrika angenommen und würde von Fernbeziehungen nix halten abserviert habe.
Ich beschließe sie nur kurz zu fragen, was wohl ihr Freund dazu sagen würde, wenn er wüsste was in dieser Mail steht. Und darüber zu jammern das ich vor März nicht wieder nach Deutschland kommen würde und heute Nachtschicht hätte. Hehehe.
Fragwürdig stolz auf meine Heldentat schenke ich mir den nächsten Glühwein ein. Diesmal mit Amaretto. Wenn schon denn schon.
Familienfest....na ja ich umreiße die gegenwärtige Situation einmal kurz. Meine Mutter muss arbeiten, mein Bruder hat eine ähnliche Einstellung zum Fest wie ich, mein Großvater hat sich mit beiden zerstritten und ich habe auch keine Lust auf einen grenzsenilen alten Sack der es mit 74 Jahren zu nicht mehr gebracht hat als zu einem (nicht bezahlten) Honda Civic, einer 2-Zimmer Kreissiedlungswohnung, einer wertlosen Ü-Ei Sammlung und einem gepachteten Kleingarten. Und der abends am Tisch sitzt, und sein Haus in Australien, das er intelligenterweise wegen seiner Ollen aufgegeben hat, mit Streichhölzern nachbaut. Wie deprimierend.
Ich habe ja nichts gegen Weihnachten – ganz im Gegenteil. Ich steh eigentlich voll auf Familienzusammenkunft, einen schicken Weihnachtsbaum, Kerzen, Weihnachtsschmuck und die ganze Scheiße. Schönes Festessen, irgend einen toten Vogel dem man in einer riesen Kochzeremonie geschreddertes Gemüse in der Arsch schiebt oder so.
Die Frau die man liebt hat sich schick zurecht gemacht.....Kinder freuen sich ganz aufgeregt und mit roten Wangen auf die Bescherung....wie sich das halt gehört.
Aber nicht mit lauter fertigen Menschen bei Kartoffelsalat und Würstchen (natürlich von Aldi) einen auf heile Familie zu machen, und hinterher gibt’s eh wieder Zoff.
Hatte ich erwähnt, das sich der Lebensgefährte meiner Tante vor einigen Tagen totgesoffen hat? Mann hat der´s gut.
In diesem Sinne
frohes Fest.
