Manschetten der vorderen Radbremszylinder wechseln

  • #1

    Hallo Freunde des Kadett-Forums!
    Ich möchte berichten, wie ich die Manschetten der vorderen Radbremszylinder bei meinem Kadett Caravan Automatik 1.6l Bj. 1990 austauschte und die Bremsleitungen entlüftete.
    Dies alles schreibe ich auf für diejenigen, für die diese Arbeiten neu sind und die sich fragen, ob sie sie sich zutrauen sollten. Für alle versierten Autoschrauber erwähne ich hier sicherlich nichts Neues.
    Die Bremswerte zwischen dem linken und dem rechten Rad waren zu verschieden, als daß man sie weiter hinnehmen konnte.
    Woran mochten die unterschiedlichen Bremsleistungen liegen?
    1. Saßen die Bremsklötze fest? Zu dünn und unterschiedlich abgefahren waren die Beläge nicht. Das zeigte ein oberflächlicher Blick auf die Bremssättel.
    2.Glitt der Schwimm-Bremssattel (Modell GM) nicht mehr leichtgängig in seinen Schiebehülsen?
    3.Saßen die Bremskolben vielleicht fest?
    4. War ein Bremsschlauch nach 18 Jahren eventuell zugequollen?
    Diese Fragen mußte ich beantworten.
    Ich ging so vor:
    -Radbolzen etwas lösen,
    -Wagen aufbocken,
    -Räder abnehmen,
    -Lenkung nach der Seite einschlagen, auf der man gerade arbeitet,
    -die Spannstifte, die die Bremsklötze halten, mit einem Splintentreiber (5mm) oder einem entsprechend dicken Nagel von innen nach außen austreiben; die Federn nicht wegschnellen lassen,
    -nun die Bremsklötze herausarbeiten. Mit einem Schlaghammer geht es leichter. Ohne ihn muß man versuchen, durch Hebeln, Ruckeln, Drücken, Ziehen Bewegung in den Bremsklotz zu bringen. Mit Geduld und Ausdauer wird man ihn herausbringen.
    Die Bremsklötze bei diesem Wagen waren jedoch nicht festgerostet oder festgeklemmt. Sie klapperten etwas im Schacht.
    So war also Punkt 1 schon beantwortet.
    Will man die Klötze wiederverwenden, muß man sie kennzeichen.
    Ich tat es mit LI, LA, RI, RA.
    Auch Punkt 2 ließ sich schnell beantworten: Der Sattel glitt leicht bei Handdruck in seinen Schiebehülsen hin und her.
    Nun mußte ich die Leichtgängigkeit der Bremskolben prüfen.
    Ich legte in den Bremsschacht zwei Sperrholzbrettchen, die jeweils die Stärke der Rückenplatte eines Bremsklotzes hatten, damit beim Betätigen des Bremspedals der Kolben nicht ganz herausgedrückt werden kann. Nun betätigte ich das Bremspedal
    und drückte die Kolben etwas weiter heraus. Mit einem Montiereisen/stabilem Schraubendreher wollte ich nun den Kolben, den Hebel an der Bremsscheibe abstützend, zurückdrücken. Das gelang mir kaum. Der Kolben schien also unzulässig schwergängig zu sein.
    Für die folgenden Arbeiten muß man den Bremsschlauch und den
    Bremssattel abnehmen.
    Wenn man beim Öffen des Bremssystems verhindern will, daß Flüssigkeit aus der Rohrleitung austritt, muß man die Deckelöffnung des Vorratsbehälters für die Bremsflüssigkeit verschließen, damit keine Luft nachgezogen werden kann. Es gibt Verschlußdeckel zu kaufen. Ich habe dafür eine dünne Gummiplatte/Teichfolie(1,5mm), eine stabile Blechplatte und eine kleine Schraubzwinge genommen, mit der ich die beiden Platten auf den Deckelsitz preßte. Den Gegendruckpunkt für die Zwinge wählte ich unter dem Hauptbremszylinder.
    -Schraube des Bremsdruckschlauches am Sattel mit Schlüssel SW 11mm herausschrauben. Zum Lösen und Festschrauben nehme ich immer 6-kant-Nüsse/Schlüssel. Die Doppel-6-kant-Werkzeuge beschädigen zu leicht die Köpfe der Schrauben.
    -nun die beiden Bolzen des Sattels (10mm Inbus) herausschrauben.
    Dafür muß man zunächst die Schutzkappen mit einem scharfen Meißel/Schraubendreher herunterbringen. Sie werden dabei verbeult und unbrauchbar.
    -Nun die Bolzen herausdrehen. Sie sitzen sehr fest, und ich brauchte ein längeres Rohr als Hebelverlängerung.,
    -Bremssattel abnehmen und in einen stabilen Schraubstock spannen,
    -Die Manschette abnehmen: das äußere Ende aus der Nut des Kolbens herausarbeiten, das innere Ende vom Bremssattel lösen;
    dazu mit einem scharf zugeschliffenen Schraubendreher den Metallring, der einen winkelförmigen Querschnitt hat, vom Bremssattel trennen,
    -Manschette abnehmen.
    -Den Kolben, der recht fest saß, habe ich mit gleichzeitigen Dreh- und Druckbewegungen herausgebracht: Druck ausgeübt mit einem
    durch die Gewindebohrung für den Bremsschlauch gesteckten Rundeisen, Drehbewegungen ausgeübt mit einer Wasserpumpenzange, die nur das Ende außerhalb der Nut umschloß.
    -Leichtere Ablagerungen auf den Kolben habe ich mit Viss-Scheuermilch (Haushaltsreiniger) beseitigt, stärkere mit
    Sandpapier (500er Körnung),
    -alten Dichtring herausnehmen,
    -Gehäuse gut putzen. Die Gußformteile (Sättel) hatten keine Korrosionszeichen.
    Für die Reparatur habe ich mir besorgt:
    -4 Dichtungsringe für die Hohlschrauben der Bremsdruckschläuche
    -4 Schutzkappen für die Befestigungsbolzen der Sättel,
    -2 Sets für die Kolben mit Manschette, Dichtring und Bremsenpaste.


    Einbau:
    -Einlegen des Dichtringes in den Bremssattel-
    -auf die blanke Fläche des Kolbens etwas Bremspaste auftragen,
    -Bremskolben in den Zylinder hineindrehen/-drücken,
    -nun die Manschette einbauen. Dazu muß sie auf ihren Sitz am Sattel aufgetrieben werden. Das gelang mir zunächst gar nicht; denn ich hatte für diesen Arbeitsschritt nicht das passende Werkzeug. Der Manschettenring, der unter Spannung aufsitzen soll, hob sich immer wieder auf der Gegenseite , wenn ich die hochstehende Seite niederdrückte. Außerdem bestand die Gefahr, daß sich der Ring deformierte, wenn ich ihn so punktuell niederpreßte.
    Ich habe bevor ich diese Arbeit anging,-es ist meine erste dieser Art-, etliche Forenbeiträge gelesen. Aber nie wurde diese Schwierigkeit beschrieben. Warum eigentlich nicht?
    Ich jedenfalls erkannte, daß nur ein genau auf den Manschettenring passender Aufsatzring das Problem lösen würde.
    Ich suchte mir also ein Rohr, das etwas größer war als nötig: 70mm innen. Für den Manschettenring benötigte ich einen Aufsatzring mit etwa 66,5mm Innenmaß.
    Vom Rohr trennte ich einen Ring von 4cm ab.
    Den Ring schlitzte ich quer und nahm ein Stück aus seinem Umfang heraus.
    Nun konnte ich den offenen Ring mit einer stabilen Schelle genau auf das nötige Maß des Manschettenringes zusammenziehen.
    Mit diesem Ring gelang es leicht, die Manschette auf ihren Presssitz zu drücken/schlagen.
    Dann etwas Bremsenpaste in die Manschettenkammer drücken;
    Nun das andere Ende der Manschette in die Ringnut des Kolbens ziehen;
    -Prüfen, ob sich der Kolben jetzt leichter bewegen läßt;
    -Positiv? dann den Sattel wieder anschrauben.
    Ich habe die alten Bolzen mit Loctite (Gewindefixiermittel) eingesetzt und mit 95Nm angezogen.
    -Neue Schutzkappen aufschlagen, bis sie fest am Sattel anliegen.
    Das ging problemlos mit einer 26mm-Hazet-Nuß, die gut auf dem mittleren Absatz der Schutzkappe aufliegt und für die Druckverteilung sorgt.
    -Nun das Endstück des Bremsschlauches/Hohlschraube mit zwei neuen Dichtringen (Alu/Kupfer) versehen und mit 25Nm anziehen.
    -Jetzt die Bremsklötze einbauen:
    -Bremskolben ganz zurückschieben,
    -Im Schacht die Anlageflächen oben und unten für die Rückenplatte der Klötze vom Rost befreien, was besonders effektiv mit einer elektrischen Feile gelingt. Man muß nur aufpassen, dabei nicht die neue Manschette zu verletzen.
    -Die Bremsklötze müssen in den Führungsschächten etwas Spiel haben ("klappern"),
    -unteren Spannstift ganz einschlagen,
    -oberen Spannstift nur so weit einschlagen, daß man die äußere Sicherungsfeder einlegen kann; den Spannstift weitertreiben und die innere Sicherungsfeder einlegen; den Spannstift durchschlagen, bis er aus dem Sattel heraussteht.


    Nun die Bremsanlage entlüften:
    Dazu braucht man eigentlich einen Helfer, der das Bremspedal tritt oder ein Bremsenentlüftungsgerät. Ich hatte leider beides nicht und verwirklichte den Tipp aus einem anderen Forum:
    Man benötigt nur einen alten Fahrradschlauch und eine Schelle, die auf den Gewindestutzen des Vorratsbehälters für die Bremsflüssigkeit paßt. Den Schlauch durchtrennt man etwa 20cm neben dem Ventil oder gerade dort, wo er vielleicht ein Loch hat
    und verknotet das längere Ende.
    -Vorratsbehälter mit Flüssigkeit DOT 4 auffüllen,
    -offenes Schlauchende über das Gewinde hinweg bis auf das Gehäusedach hinunterarbeiten und mit der Schelle festsetzen,
    -Nun den Schlauch zu einer strammen Wurst aufpumpen; das geht besonders schnell mit Pressluft. Der Luftdruck drückt die Bremsflüssigkeit aus dem Leitungssystem, wenn man die Entlüftungsschraube am Radbremszylinder etwas öffnet (9mm 6-kant-Nuß).
    -Auf die Entlüftungsschraube einen gut passenden transparenten Schlauch stecken, um zu sehen, wann keine Blasen mehr ausgetrieben werden und um die alte Flüssigkeit in einem Glas auffangen zu können.
    Da ich nur das Bremssystem an den vorderen Rädern geöffnet habe, habe ich auch nur hier entlüftet: zuerst auf der rechten, dann auf der linken Seite.
    Es ist wichtig, die Flüssigkeit im Vorratsbehälter rechtzeitig zu ergänzen, damit nicht erneut Luft ins System gelangt. Der Luftdruck im Schlauch muß immer wieder einmal erhöht werden.
    Wenn keine Blasen mehr austreten, schließt man die Entlüftungsschraube und drückt die Gummikappe auf.
    -Räder anschrauben,
    -Wagen abbocken,
    -Radbolzen mit Drehmomentschlüssel anziehen.



    Wichtig!!
    Jetzt sofort das Bremspedal mehrere Male treten, um die Bremsklötze an die Bremsscheiben anzulegen.
    Der Pedaldruck darf nicht weich/schwammig sein.


    Wolfgnag wünscht sichere Fahrt

    2 Mal editiert, zuletzt von wolfgnag ()

  • #3

    Um die Kolben aus dem ausgebauten Sattel zu bekommen verwende ich immer die Druckluftpistole, daß gibt keine Beschädigungen am Kolben durch mechanische Einwirkungen. Mit dem Druck muß man aber ganz vorsichtig sein, gibt sonst ein größeres "Plopp" als man erwartet hat. :P

    legal-illegal-scheißegal :)

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